
Ob bei der Verbesserung der Biodiversität, im Kampf gegen den Klimawandel oder bei der Gesundheit von Tieren und Böden: Digitale Lösungen unterstützen die nachhaltige Transformation der Landwirtschaft maßgeblich. Es gibt eine große Bandbreite an marktfähigen, digitalen Lösungen, die bereits heute eingesetzt werden. Das gilt unabhängig von der Betriebsgröße und -form: Auch für kleinere sowie ökologische Betriebe sind digitale Anwendungen und Dienstleistungen wie Prognosemodelle oder Entscheidungstools ein niedrigschwelliger Einstieg, um die Bewirtschaftung nachhaltiger und klimafreundlicher zu gestalten.
Jetzt muss es darum gehen, digitale Lösungen strategisch und flächendeckend in die Praxis zu bringen und Landwirtinnen und Landwirte bei der Inbetriebnahme zu unterstützen. Erstens, durch wirtschaftliche Anreize im Sinne einer Investitionsförderung für digitale Technologien. Aktuell sind smarte Softwareanwendungen und digitale Dienstleistungen weitgehend von der Förderung ausgeschlossen. Zweitens, durch rechtliche Absicherung im Sinne von standardisierten Anerkennungsverfahren von nachweislich qualitätsgeprüften, digitalen Anwendungen und Verfahren. Aktuell ist die behördliche Anerkennung von digitalen Anwendungen bei gesetzlichen Dokumentationspflichten nicht gegeben. Drittens, durch technische Voraussetzungen im Sinne einer verbesserten digitalen Infrastruktur. Dazu gehören der Ausbau eines leistungsfähigen Breitbandnetzes, die Gestaltung interoperabler und standardisierter Schnittstellen sowie die Bereitstellung öffentlicher Datenbestände über moderne offen zugängliche Schnittstellen mit Anbindungsmöglichkeiten für kommerzielle Anwendungen.
Die Förderung digitaler Technologien erfolgt aktuell hauptsächlich mit den etablierten Instrumentarien der Investitionsförderung in Maschinen und Geräte. Digitale Lösungen werden jedoch vermehrt als Dienstleistungen (Software-as-a-Service) und in Form neuer Geschäftsmodelle (Pay-per-Use) angeboten. Letzteres gilt sowohl für bestimmte Komponenten wie Sensoren oder Parallelfahrsysteme als auch für komplette Maschinen und Geräte. Der Einsatz von Software und digitalen Anwendungen belastet die Liquidität in geringerem Maße und würde gerade kleineren Betrieben einen niedrigschwelligen Einstieg in eine nachhaltigere Bewirtschaftung bieten. Digitale Anwendungen und Software sollten daher förderfähig im Rahmen des Investitions- und Zukunftsprogramms („Bauernmilliarde“) des Bundes sein.
Die Bundesregierung sollte sich auf europäischer Ebene für die Zertifizierung von Maßnahmen zur Entfernung von Kohlestoff (Carbon Farming) sowie anderer Treibhausgase (THG) in der Landwirtschaft einsetzen. Hierfür braucht es einen Rechtsrahmen sowie einheitliche Qualitätskriterien für die Messung, Berichterstattung und Überprüfung von gespeichertem Kohlenstoff sowie anderen THG-Emissionen im Boden. Die Erfüllung der Qualitätskriterien sollte grundsätzlich technologieoffen sein. Digitale Methoden, Modelle und KI-basierte Algorithmen, leisten einen entscheidenden Beitrag, um den Anteil zusätzlich gespeicherter THG-Emissionen zu quantifizieren. Ein solcher Rechtsrahmen sollte für alle Initiativen gelten – staatlich wie privatwirtschaftlich –, um den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft mit möglichst vielen Mitteln zu unterstützen. Ein EU-Zertifizierungssystem mit diesen Merkmalen hat das Potenzial die Umwelt zu schützen, Klimaleistungen messbar zu machen und Landwirtinnen und Landwirte bei der Umstellung zu mehr Nachhaltigkeit und resilienteren Anbaumethoden zu unterstützen.
Wir unterstützen die Forderung im Koalitionsvertrag bzgl. der Einrichtung einer Plattform mit zentralem Zugang zu sämtlichen staatlichen Daten und Diensten, insbesondere Verwaltungsdienstleitungen in der Landwirtschaft. Um eine hohe Nutzbarkeit für Landwirtinnen und Landwirte zu gewährleisten, ist die technische Anbindung bestehender staatlicher IT-Systeme der EU, des Bundes und der Länder sowie privatwirtschaftlicher Systeme über offene Schnittstellen sicherzustellen. Die technische Umsetzung sollte über eine öffentliche Ausschreibung vergeben werden.
Digitale Anwendungen z.B. im Ackerbau ermöglichen eine bedarfsgerechte Ausbringung von Pflanzenschutz- und Düngemittel. Digital erfasste Nachweise zur Einhaltung gesetzlicher Regelungen sollten im Falle eines unabhängigen Qualitätsnachweises bundeslandübergreifend behördlich anerkannt werden. Dies schafft Rechtssicherheit für Landwirtinnen und Landwirt, verringert den Bürokratieaufwand und erhöht den Nutzen digitaler Anwendungen in der Praxis.
Die Digitalisierung der Landwirtschaft muss auf allen Ebenen konsequent vorangetrieben werden. Die Pflege und Weiterentwicklung von interoperablen Daten, Schnittstellen und anderen Infrastrukturkomponenten erfordert eine moderne, digitale und zukunftsfähige Verwaltung. Dazu gehören Qualifizierungs- und Fortbildungsangebote für Mitarbeitende, eine moderne technische Ausstattung in den Behörden sowie die Schaffung digitaler Prozesse, die eine digitale und automatisierte Kommunikation mit Landwirtinnen und Landwirten sowie weiteren Stakeholdern im landwirtschaftlichen Umfeld ermöglichen. Darüber hinaus sollten in der landwirtschaftlichen Aus- und Weiterbildung an Hoch- und Berufsschulen Angebote entwickelt und ausgebaut werden, die ein grundlegendes Verständnis für den Einsatz digitaler Technologien und deren Beitrag zu Ertragssteigerung und Klimaschutz vermitteln.
Zur Verknüpfung der Daten entlang der landwirtschaftlichen Prozesskette ist der lieferkettenübergreifende Einsatz eindeutiger digitaler Identifikationen nötig. Dafür braucht es keine Regulierung, sondern eine Einigung auf ein offenes, unternehmens- und länderübergreifendes Standardisierungsmodell, das allen Stakeholdern die Verwendung einer gemeinsamen »Datensprache« ermöglicht. Hierfür ist eine Vereinheitlichung bestehender Identifikations- und Prozessstandards und Anpassung von Schnittstellen nötig. Um die Implementierung zu erleichtern, sollte hierbei auf bereits bestehende und bewährte Standards zurückgegriffen werden.