
Berlin, 9. September 2021 - Berlin gilt international immer noch als der Startup-Hotspot in Deutschland, auch wenn andere Regionen längst aufgeholt haben. Wie wollen die Parteien, die am 26. September bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus antreten, den Vorsprung Berlins verteidigen? Und was wollen sie für Gründerinnen und Gründer konkret tun? Um das herauszufinden, hat Bitkom alle Parteien, die nach den Umfragen eine realistische Chance auf einen Einzug ins Parlament haben, nach ihren Ideen für eine innovative Startup-Politik befragt. Die Themen reichen von Bürokratieabbau, rechtlichen Rahmenbedingungen, Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Willkommenskultur für ausländische Fachkräfte bis zur Finanzierung. „Berlin ist immer noch der wohl attraktivste Standort für Startups – und zieht dank seiner Kulturszene und der hohen Lebensqualität viele gut ausgebildete potenzielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Europa und der ganzen Welt an“, sagt Maxim Nohroudi, Bitkom-Landessprecher Berlin-Brandenburg. „Für die Zukunft gilt, dass Berlin den Schatz innovativer Ideen der Gründerinnen und Gründern besser nutzen sollte, um Antworten auf die drängenden Probleme unserer Zeit zu finden. Hierzu sollte insbesondere die öffentliche Verwaltung verstärkt mit Startups zusammenarbeiten und die Kriterien für die öffentliche Vergabe Startup-freundlich gestalten.“
Die SPD will die Chancen und Potenziale von Startups noch stärker nutzen und dazu unter anderem alle notwendigen Informationen und Beratungsangebote digitalisieren und auch englischsprachig zur Verfügung stellen. Bei der öffentlichen Vergabe möchte man Startups unterstützen, deren Lösungen dem Ziel der Klima- und Geschlechtergerechtigkeit entsprechen und setzt einen angehobenen Mindestlohn von 13 Euro voraus. Da Scheitern zum Gründen dazu gehört, will sich die SPD für eine „Kultur der zweiten Chance“ in Schulen und Universitäten einsetzen. Gründerinnen sollen unter anderem mit einem zentralen Fördernavigator und einem sogenannten eigenen Chancen-Fonds unterstützt werde. Die Investitionsbank Berlin soll einen Innovations-Fonds auflegen, der alle Unternehmen unterstützt, die innovative nachhaltige Technologien zur Marktreife bringen wollen.
Die Linke lobt das sehr gut entwickelte Startup-Ökosystem in Berlin und will sich dafür einsetzen, dass die Kommunikation mit Behörden digital und medienbruchfrei möglich wird und Anträge in einer „angemessenen Zeit“ bearbeitet werden. Zugleich sollen vermehrt sogenannte innovative Vergaben realisiert werden, wodurch für besonders innovative Lösungen das Antragsverfahren und Nachweispflichten vereinfacht werden. Eine Innovationsagentur soll Wissenstransfers, Gründungsförderung und Kooperationen mit der Wirtschaft an den Berliner Hochschulen bündeln. Überhaupt soll die Förderung von Kooperationen zwischen IT-Unternehmen und Startups sowie Industrieunternehmen ausgebaut werden. Darüber hinaus schwebt der Partei die die Bündelung der „fragmentierten Gründungsberatung in Berlin“ nach dem Vorbild des „Digital Innovation Offices“ in Barcelona vor.
Die Grünen betonen die Rolle der Digitalwirtschaft als zentralen Motor der wirtschaftlichen Entwicklung in der Stadt. Neben einer komplett digitalen Kommunikation mit und innerhalb von Behörden sollen Serviceversprechen, etwa für eine maximale Bearbeitungszeit, und Zielvereinbarungen zur Qualitätssicherung eingeführt werden. Zudem soll der Einsatz von Technologie-Scouts als Schnittstelle zwischen Startups und Verwaltung geprüft werden. Um die Gründung von Menschen mit Migrationshintergrund zu erleichtern, sollen anonymisierte Bewerbungen auf Förderprogramme eingeführt werden. Um die Finanzierung von Startups zu verbessern soll das Programm „Profit“ so angepasst werden, dass mehr Unternehmen in der Frühphase der Gründung davon profitieren können. Zudem will man über die Bundestagsfraktion auf bundesweite Verbesserungen der Rahmenbedingungen drängen – und Gründerinnen und Gründer schulen, wie man erfolgreich mit Wagniskapitalgebern verhandelt.
Die CDU kritisiert mit Blick auf Startups eine ineffiziente Verwaltung und ungenügende digitale Infrastruktur. Um die Rahmenbedingungen zu verbessern soll in der nächsten Legislaturperiode eine „Berlin Startup Agency“ gegründet werden, die einen insgesamt zwei Milliarden Euro umfassenden Berliner Gründerfonds verwalten soll.. Alle Verwaltungsdienstleistungen sollen rund um die Uhr elektronisch angeboten und ein zentrales digitales Bürgeramt auf Landesebene errichtet werden. Als Teil des Bürokratieabbaus sollen alle Verordnungen und Ausführungsvorschriften künftig auf maximal fünf Jahre befristet und währenddessen überprüft werden. Im Vergaberecht strebt die CDU ein „schlankes Vergaberecht“ an. Bei Ausschreibungen soll nur noch das zu lösende Problem beschrieben werden, um einen echten Wettbewerb der Ideen zu ermöglichen und auch innovative Lösungen zu ermöglichen. Während die Einrichtung des Schulfaches Informatik nur als Wahlpflichtfach geprüft wird, soll es für Schulen künftig möglich sein, ein zusätzliches Wahlfach „Wirtschaft“ anzubieten.
Die FDP verweist darauf, dass Berlin in internationalen Rankings als Top-Startup-Standort zurückfällt. Um diesen Trend umzukehren soll der Berliner Business Immigration Service zum One-Stop-Shop ausgebaut und so das Tempo beschleunigt werden. Alle Behördengänge sollen digital rund um die Uhr möglich sein, alle Verwaltungsdokumente auch auf Englisch angeboten werden. Bei der Vergabe will man ausschließlich das Vergaberecht des Bundes anwenden und sich für Innovationspartnerschaften einsetzen. Um die Erprobung neuer Technologien zu erleichtern sollen zudem zeit- und gebietsweise bestehende Regelungen ausgesetzt und Experimentierklauseln eingeführt werden. Mit dem „Berliner Startup Stipendium“ wollen die Liberalen regelmäßig bis zu 1.000 Gründerinnen und Gründer zwölf Monate lang mit 1.000 Euro pro Monat unterstützten. Darüber hinaus sollen Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund ermutigt werden, Startups zu gründen. Um Startups in der Wachstumsphase besser fördern zu können soll der IBB Venture Fonds aufgestockt werden.
Die AfD hat keine Antworten auf die Fragen zur Startup-Politik übermittelt.
Die ausführlichen Antworten der Parteien zu allen Themen stehen hier online zur Verfügung.
Hinweis zur Methodik: Nach ihren Positionen zur Startup-Politik wurden die Parteien angefragt, die nach den Umfragen eine realistische Chance auf einen Einzug ins Abgeordnetenhaus haben. Das waren AfD, CDU, FDP, Grüne, Linke und SPD. Mit Ausnahme der AfD haben alle Parteien geantwortet.