Berlin, 15. März 2022 - Fernseher, Kühlschrank, Computer: Welches Gerät benötigt im eigenen Haushalt den meisten Strom? Wie viel Energie verbraucht die Heizung im Moment und wie energieeffizient sind die eigene Wohnung oder das Haus? 8 von 10 Menschen in Deutschland (79 Prozent) wollen bewusst weniger Energie verbrauchen, um einen aktiven Beitrag zur Energiewende zu leisten. Allerdings fehlen vielen von ihnen die dazu nötigen Informationen. So wünschen sich 71 Prozent mehr Transparenz zum Stromverbrauch von einzelnen Geräten und 69 Prozent präzisere und leichter zugängliche Informationen über ihren Stromverbrauch insgesamt. 40 Prozent der Menschen in Deutschland wissen zudem nicht, wie hoch der Verbrauch ihres Haushaltsstroms pro Jahr überhaupt ist und 30 Prozent können nicht die Höhe ihrer monatlichen Abschlagszahlung beziffern. Das sind die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter 1.002 Menschen in Deutschland ab 18 Jahren. Die Befragung wurde von Januar bis Mitte Februar 2022 durchgeführt – also unmittelbar vor der russischen Invasion der Ukraine. „Die Menschen in Deutschland wollen die Energiewende aktiv unterstützen. Durch den Krieg in der Ukraine sind viele Menschen zusätzlich sensibilisiert, Energie einzusparen, um unabhängiger von russischen Öl- und Gasimporten zu werden. Jetzt geht es um Information, praktische Hilfestellung und finanzielle Anreize“, sagt Matthias Hartmann, Mitglied des Bitkom-Präsidiums. „Während wir auf dem Smartphone jederzeit unser verbrauchtes Datenvolumen einsehen können und Autos in Echtzeit den Spritverbrauch anzeigen, gibt es eine solche Transparenz beim Stromverbrauch zu Hause in der Regel nicht. Dabei sind die digitalen Technologien längst da, um Verbraucherinnen und Verbraucher beim Energiesparen massiv zu unterstützen.“
Mittlerweile interessiert sich mehr als die Hälfte der Deutschen (57 Prozent) für Smart Meter, also digitale, internetfähige Messgeräte für Wärme oder Strom, die den Verbrauch automatisch an die Anbieter übertragen. 20 Prozent können sich die Nutzung auf jeden Fall vorstellen, weitere 37 Prozent können sich dies eher vorstellen. „Smart Meter können in Echtzeit den Verbrauch messen und erkennen, zu welcher Tageszeit wir welche Menge an Strom verbrauchen. Smart Meter schaffen Durchblick im Dschungel der häuslichen Energieverbraucher “, so Hartmann. Zu Beginn der Markteinführung der Smart Meter im Januar 2020 hatten sich erst 36 Prozent der Menschen in Deutschland offen gegenüber dieser Technologie gezeigt. Ihr Einbau ist aktuell für Haushalte mit einem hohen Stromverbrauch von mehr als 6000 kWh/Jahr vorgeschrieben. Auch der Bekanntheitsgrad von Smart Metern ist in den vergangenen zwei Jahren gestiegen: 33 Prozent haben noch nie davon gehört oder gelesen. Im Januar 2020 konnten noch 42 Prozent nichts mit der Technologie anfangen. Andere Länder sind Deutschland in diesem Bereich teils viele Jahre voraus. Während in Spanien bereits seit 2018 nahezu alle Haushalte über Smart Meter verfügen, ist der Smart-Meter-Rollout in Schweden schon seit 2009 abgeschlossen. In Italien wurden bereits im Jahr 2001 erste Smart Meter in Haushalten verbaut. In den Niederlanden liegt die Einbauquote mittlerweile bei über 95 Prozent. „Smart Meter bringen Intelligenz in die Netze und sind zentral für eine erfolgreiche Energiewende“, betont Hartmann. „Deutschland muss schnell Anreize schaffen, um den Rollout zu beschleunigen, etwa durch Förderprogramme, weniger Bürokratie, kosteneffiziente Lösungen und realitätsnahe technische Standards.“
Konkret interessiert sich eine Mehrheit von 65 Prozent der Deutschen für die Verbräuche einzelner Geräte in ihrem Haushalt, um so Stromfresser identifizieren zu können. 60 Prozent hätten gerne auf ihr persönliches Verhalten ausgerichtete Informationen, wie sie direkt Strom sparen können. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) ist am CO2-Ausstoß interessiert, der aus dem eigenen Verbrauch resultiert.
Auch beim Thema Heizen wünschen sich die Menschen in Deutschland mehr Transparenz. So würden drei Viertel (75 Prozent) ein Siegel oder Label begrüßen, das zeigt, ob die eigene Heizung energieeffizient ist. 68 Prozent wünschen sich intelligente Zähler, die in Echtzeit anzeigen, wie viel Energie die Heizung gerade verbraucht. 59 Prozent können sich außerdem vorstellen, ihre Verbrauchsdaten anonymisiert dem Ersteller der Heizkostenabrechnung zu übermitteln. „Insbesondere beim Thema Heizen könnten wir mit einer konsequenten Digitalisierung den Energieverbrauch massiv senken und die Energieeffizienz steigern. Heizungen gehören zu den größten CO2-Emittenten in Deutschland“, sagt Bitkom-Präsidiumsmitglied Matthias Hartmann. „Schon die im Klimaschutzgesetz formulierten Einsparziele für das Jahr 2020 wurden seitens des Gebäudesektors nicht erfüllt. Aktuelle Abschätzungen zeigen, dass die Ziele auch 2021 verfehlt wurden. Um Energie zu sparen, brauchen wir nicht nur die klassische energetische Sanierung, sondern vor allem eine smarte Steuerung von Heizungsanlagen – in Gewerbeimmobilien ebenso wie in Privathaushalten. Wir brauchen eine digitale Renovierungswelle.“
Viele Menschen teilen diese Ansicht. So meinen 65 Prozent der Deutschen, alte Gebäude sollten, wenn möglich, mithilfe digitaler Technologien effizienter gemacht werden. Ein Viertel (28 Prozent) würde mehr Miete für eine Wohnung bezahlen, wenn sie mit energiesparenden Smart-Home-Anwendungen ausgestattet ist. In vielen Haushalten sind entsprechende Tools und Anwendungen schon eingebaut: Fast ein Fünftel (18 Prozent) nutzt smarte Heizkörper und Thermostate, die in der Lage sind, die Temperatur in der Wohnung immer optimal anzupassen – beispielsweise abhängig davon, ob gerade gelüftet wird, ob Personen anwesend sind und teilweise sogar unter Berücksichtigung der Wettervorhersage. „Während des Lüftens die Heizung ausstellen oder sie herunter drehen, wenn man das Haus verlässt – das wird häufig vergessen. Mit smarten Thermostaten können Haushalte mit kleinstem Einsatz massiv Energie sparen“, betont Hartmann. 16 Prozent haben intelligente Rollläden oder Markisen – eine smart gesteuerte, automatische Verschattung kann an heißen Tagen für Kühlung sorgen. Jeder und jede Zehnte (10 Prozent) nutzt elektronische Verbrauchszähler oder Energiemonitore, die helfen, den Energieverbrauch im eigenen Zuhause zu erfassen. Hartmann: „Jetzt sind auch die Verbraucherinnen und Verbraucher gefordert. Ein großer Teil des Endenergieverbrauchs geht für warme Wohnungen und warmes Wasser drauf. Wir können alle einen Beitrag dazu leisten, die Energiewende zu beschleunigen und die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl zu verringern.“
Grundsätzlich unterstützt die Mehrheit der Menschen in Deutschland die Energiewende und hält den Umstieg von fossilen Energieträgern wie Öl und Gas sowie Atomenergie hin zu Wind- oder Sonnenenergie für richtig (81 Prozent). Vielen Bürgerinnen und Bürgern geht die Energiewende jedoch nicht schnell genug. 71 Prozent bewerten das Tempo als zu langsam, wobei es 45 Prozent als viel zu langsam und 26 Prozent als eher zu langsam ansehen. Lediglich für ein Fünftel (19 Prozent) ist das Tempo genau richtig. Der Anteil derer, denen die Energiewende zu schnell geht, ist mit 6 Prozent verschwindend gering. „Die Energiewende hat drastisch an Bedeutung gewonnen: Der Ausbau erneuerbarer Energien und vor allem die Energieeffizienz müssen jetzt stark vorangetrieben werden“, sagt Hartmann. 72 Prozent der Deutschen stimmen der Aussage zu, die Energiewende werde ohne digitale Technologien nicht zu bewältigen sein. 69 Prozent sehen in digitalen Stromnetzen die Grundlage für die Energieversorgung der Zukunft.
Gleichwohl besteht bei den Menschen in Deutschland auch die Angst, dass das Stromnetz anfällig für Cyberattacken sein könnte. Zwei Drittel (68 Prozent) machen sich Sorgen, dass Hacker ein digitalisiertes Stromnetz lahmlegen könnten. Deutlich geringer ist die Sorge, dass ein Blackout generell durch den Umstieg auf erneuerbare Energien geschehen könnte – etwa an Tagen ohne Sonnenschein und Wind (33 Prozent). „Mit zunehmender Kriegsdauer gibt es Warnungen vor Cyberangriffen auf Energieversorger auch in Deutschland. Mehr denn je ist derzeit im deutschen Cyberraum volle Aufmerksamkeit und größtmögliche Wachsamkeit aller Unternehmen, Organisationen und staatlichen Stellen geboten“, betont Hartmann. „Die IT-Sicherheit muss weiter gestärkt werden, um frühzeitig Angriffe auf kritische Infrastrukturen erkennen und abwehren zu können.“
Um die Energiewende schnell voranzutreiben, wünscht sich eine breite Mehrheit von 86 Prozent der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger mehr Informationen für Eigentümer und Mieter zum Energiesparen. 60 Prozent fordern die Beschleunigung des Smart-Meter-Ausbaus in Deutschland. Fast die Hälfte (48 Prozent) findet, energiesparende Smart-Home-Technologien müssten stärker staatlich gefördert werden. Bitkom-Präsidiumsmitglied Hartmann: „Bund und Länder sollten den großen Zuspruch für die Energiewende nutzen und den Ausbau der Erneuerbaren schnell vorantreiben.“ Neben konkreten Beratungsangeboten für die Bürgerinnen und Bürger und einem beschleunigten Smart-Meter-Rollout sei auch nötig, die Nutzung anonymisierter Verbrauchsdaten zu erleichtern, um so weitere Einsparpotenziale zu heben. „Zudem müssen wir die schon vorhandenen digitalen Technologien für mehr Energieeffizienz umgehend in die Haushalte bringen – dazu gehören insbesondere automatisierte Steuerungssysteme für Heizung, Klima und Warmwasser. Digitale Technologien prägen das Energiesystem der Zukunft und können der Energiewende jetzt einen entscheidenden Boost verleihen.“
Welche Erfolgsfaktoren haben in den europäischen Vorreiterländern Spanien, Italien, Schweden und den Niederlanden einen zügigen Rollout ermöglicht? Download des Bitkom-Leitfadens „Erfolgsfaktoren für einen zügigen Smart Meter Rollout“: https://www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Erfolgsfaktoren-fuer-einen-zuegigen-Smart-Meter-Rollout
Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research von 10. Januar bis 10. Februar 2022 durchgeführt hat. Dabei wurden 1.002 Bundesbürger ab 18 Jahren befragt. Die Umfrage ist repräsentativ.