Koalition von Union und SPD

Arbeit 4.0

Wir befürworten, dass ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz geschaffen, eine Nationale Weiterbildungsstrategie eingeführt, sowie flexible Arbeitsmodelle besser ermöglicht werden sollen. Mit Blick auf zeit-und ortsflexibles Arbeiten stellt das Vorhaben allerdings nur einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar. Mutigere und konkretere Vorschläge wären wünschenswert. Viele der Punkte im Koalitionsvertrag sehen wir aber auch potentiell kritisch, da sie entweder KMU benachteiligen oder aber die bereits bestehende Gesetzeslage ausreichend ist.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Arbeit 4.0

  • Tariföffnungsklausel im Arbeitszeitgesetz für Experimentierräume für tarifgebundene Unternehmen: mehr selbstbestimmte Arbeitszeit der Arbeitnehmer und mehr betriebliche Flexibilität (S.52, Z. 2366)
  • Auf Grundlage von Tarifverträgen kann mittels Betriebsvereinbarung wöchentliche Höchstarbeitszeit geregelt werden (S.52, Z.2370)
  • Rechtlicher Rahmen für mobile Arbeit (S.41, Z.1826)
  • Nationale Weiterbildungsstrategie (S.41, Z. 1798): Bündelung der Weiterbildungsprogramme des Bundes und der Länder (S.50, Z.2272)
  • Evaluierung Arbeitnehmerüberlassungsgesetz 2020 (S.52 Z. 2382) - die Digitalwirtschaft muss grundsätzlich von den neuen Einschränkungen bei Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträgen ausgenommen werden. Vielmehr sollte sich die Evaluation des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÃœG) auf jene Branchen konzentrieren, in denen prekäre Arbeitsverhältnisse vorherrschen.
  • Fachkräfteeinwanderungsgesetz (S.65, Z.2970)
Herausforderungen im Bereich Arbeit 4.0

  • Recht auf befristete Teilzeit (trotz Schwellenwert von 45 Mitarbeitern im KoaV) (S. 53, Z.2391)
  • Recht auf Weiterbildungsberatung durch Bundesagentur für Arbeit (S.41, Z.1801) - Gefahr, dass dies am tatsächlichen Qualifizierungsbedarf des Arbeitsmarktes vorbeisteuert.
  • Breitere Verbreitung von Langzeitkonten (S.41, Z. 1811) - bei einem Arbeitgeberwechsel könnten bereits existierende Guthaben auf Langzeitkonten KMUs bei Personalneueinstellungen belasten.
  • Stärkung der Tarifbindung(S.51, Z. 2327) - Tarifbindung sollte im Zusammenhang mit der Anpassung des Arbeitsrechts nicht forciert werden, da schon die Gesetzgebung der vergangenen Jahre tarifungebundene Unternehmen (insbesondere KMUs) benachteiligt. Individuelle Vereinbarungen und Betriebsvereinbarungen tragen den Flexibilitätsanforderungen der Arbeitswelt 4.0 und den Bedürfnissen der Beschäftigten passgenauer Rechnung.
  • Stärkung des allgemeinen Initiativrecht der Betriebsräte für Weiterbildung (S.41, Z.1815)
  • Altersvorsorgepflicht für Selbstständige (S.92, Z. 4305) - im KoaV ist zwar keine Verpflichtung für Selbständige beinhaltet, zwingend in die gesetzliche Rentenversicherung einzutreten. Die Opt-out-Lösung schränkt dennoch die Wahlfreiheit und Selbstbestimmung bei der Altersvorsorge erheblich ein.
Digitale Bildung

Grundsätzlich befürworten wir alle Positionen, die sich zur Digitalen Bildung im Koalitionsvertrag finden lassen. Einige Punkte könnten jedoch noch konkreter sein.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Digitale Bildung

  • Digitalpakt mit Summe von 5 Mrd. Euro (über 5 Jahre verteilt, 3.5 Mrd. in 19. LP), der die Länder- und Kommunalinvestitionen ergänzt (S.39, Z.1723), Investitionsoffensive für Schulen (S.28, Z. 1141)
  • Nationale Bildungsoffensive (S.39, Z.1717)
  • Nationaler Bildungsrat (S.28, Z.1132)
  • Initiative „Berufsbildung 4.0“, Berufsbildungsgesetz weiterentwickeln (S.30, Z.1229, 1248)
  • Nationale Open Access-Strategie (S.33, Z. 1399)
  • Qualitätsoffensive Lehrerbildung (S.32, Z. 1352)
  • Digital- und Medienkompetenz in jedem Alter fördern (S. 27, Z.1106; S.40, 1741-1754)
Datenschutz

Wir sind der Meinung, dass bestehende Datenschutz-Gesetze und insbesondere die DSGVO ausreichen und es auch im Hinblick auf Algorithmen und KI momentan nicht weiterer Sondergesetze bedarf. Die Fragen, die zum Beispiel nun die „Datenethikkommission“ bearbeiten soll, wurden bereits vor fünf Jahren von der Internet-Enquete des Bundestags gestellt und beantwortet. Die Datendebatten wurden geführt, die Konzepte liegen auf dem Tisch, jetzt müssen Entscheidungen getroffen werde. Datenpolitik muss jetzt starten.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Datenschutz

  • Freier und sicherer Datenaustausch mit anderen Wirtschaftsräumen; Erhaltung des transatlantischen Datenaustauschs auf Grundlage des EU/US-Privacy-Shield; Einsatz auf europäischer Ebene für wirksame Abkommen zum Schutz des Datenaustausches auch mit anderen Weltregionen (S. 43 ab Z. 1890)
  • Verzicht auf einseitige, nationale Regulierungen, um die europaweite Umsetzung von digitalen Geschäftsmodellen zu erleichtern; Verankerung der Freizügigkeit von Daten als fünfte Dimension der Freizügigkeit (S. 48 ab Z. 2179)
  • Innovationsboard auf EU-Ebene, um konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Europäischen Datenschutzregelungen zu erarbeiten (S. 46 ab Z. 2082)
Herausforderungen im Bereich Datenschutz

  • Einsetzung einer Datenethikkommission, die Regierung und Parlament innerhalb eines Jahres einen Entwicklungsrahmen für Datenpolitik, den Umgang mit Algorithmen, künstlicher Intelligenz und digitalen Innovationen vorschlägt (S.47, Z.2101) – eine solche Kommission ist nur sinnvoll, wenn sie beratend tätig ist
  • Eigentum an Daten (S.129, Z.6112) – das juristische Konzept des Eigentums passt nicht auf Daten und führt die Debatte in die falsche Richtung. Denn niemand kann im Sinne eines Eigentumsrechts über Daten verfügen.
  • Rechtsrahmen für das autonome Fahren schaffen, der Datenschutz und Datensicherheit ebenso gewährleistet wie ein Höchstmaß an Sicherheit (S.48, Z.2146)
  • Datensouveränität im Rahmen der E-Privacy-Verordnung stärken (S. 49, Z. 2221) – die E-Privacy VO hat das Potential die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in weiten Teilen zu überlagern und digitale Geschäftsmodelle und Innovationen zu verhindern. Die lange verhandelte DSGVO und der damit erreichte Interessenausgleich und Balance der betroffenen Interessen darf nicht durch die E-Privacy- Verordnung konterkariert werden.
  • Mögliche Schaffung eines eigenen Beschäftigtendatenschutzgesetzes (S.42, Z.1842)
Digitale Verwaltung

Die Vorschläge im Koalitionsvertrag sind viel konkreter als noch im Sondierungsstand, auch wenn nur wenig wirklich neu ist. Ein Positivbeispiel ist die Erwähnung des Pilotierens von Blockchain-Technologie, deren Verwendung durch staatliche Organe zu einem starken Digitalisierungsimpuls für Deutschlands werden kann. Die Aufgaben des Digitalrats, sowie der finanzielle Aspekt bei der Förderung der FITKO durch die E-Government-Agentur werden leider nicht erwähnt – deswegen bedarf es an dieser Stelle noch an Präzisierung.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Digitale Verwaltung

  • Elektronisches Bürgerportal (S.12, S.45 Z.2005 ff.) mit 500 Mio. Euro für Umsetzung des Gesetzes zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen
  • Kostenlose Bereitstellung von Daten der öffentlichen Verwaltung (S.46 Z.2064)
  • Once Only-Prinzip, elektronischer Personalausweis universell einsetzbar (S.46 Z.2040 ff.)
  • Prinzip Digital First - Vorrang digitaler Verwaltungsleistungen vor Notwendigkeit zu persönlichem Erscheinen oder Schriftform (S.12 Z.359); Einführung der E-Akte (S.46 Z.2034)
  • Errichtung einer E-Government-Agentur (S.45 Z.2014)
  • Erprobung von Blockchain in der Bundesregierung (S.45 Z.2021) - Die Erprobung durch die Bundesregierung ist ein wichtiges Zeichen und der richtige erste Schritt. Die konkrete Pilotierung in der Verwaltung auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene darf jedoch nicht auf die lange Bank geschoben werden.
  • Gesetze auf Digitaltauglichkeit prüfen (S.45 Z.2025) – dieser digitale Gesetzescheck sollte in allen Bereichen Anwendung finden, nicht nur im Bereich Digitale Verwaltung
  • Fortführung der IT-Konsolidierung, zügige Umwandlung des Informationstechnikzentrum Bund (ITZ Bund) in eine Anstalt des öffentlichen Rechts (S.46 Z.2056)
  • Einberufung eines Digitalrats (S.45 Z.2030) – die konkreten Aufgaben dieses Rates müssen noch geklärt werden (auch im Vergleich zur Digitalagentur, Ethikrat etc.)
E-Health

Erfreulich ist, dass die Chancen der Digitalisierung im Gesundheitswesen im Koalitionsvertrag generell anerkannt wurden. Trotzdem könnten Maßnahmen, wie z. B. Zulassungswege für neue digitale Anwendungen (Z.4739) oder die Fortführung der E-Health-Initiative und Medizintechnik (Z.4754) konkreter ausformuliert und vorangetrieben werden. Momentan handelt es sich nur um vage Ankündigungen.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich E-Health

  • Ausbau Telematikinfrastruktur (S.101, Z.4738)
  • Einführung Elektronische Patientenakte (S.101, Z.4738)
  • Weiterführung E-Health-Gesetz (S.47, Z.2109) (Mutterpass, Impfpass, Zahnbonusheft u.a. digital verwalten)
  • Neue Zulassungswege für digitale Anwendungen, die Interoperabilität herstellen (S. 101, Z. 4739) - Hierbei sollten die Bemühungen auch internationale Standardisierungsprozesse einbeziehen und nicht nur deutsche Sonderlösungen vorangetrieben werden.
Herausforderungen im Bereich E-Health

  • Regelungen für Fernbehandlung nur auf Prüfstand (S.101, Z.4741); Maßnahmen könnten hier ambitionierter sein
Energie

Die Chancen der Digitalisierung im Energiebereich werden im Koalitionsvertrag anerkannt und einige konkrete Maßnahmen aufgeführt. Maßnahmen zu Smart Grids und Smart Meter-Technologien könnten allerdings noch spezifischer ausformuliert werden.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Energie

  • Smart Grids und Smart Meter-Technologien für nachhaltige Energieerzeugung (S.47, Z.2126)
  • Sektorenkopplung Wärme, Elektrizität, Mobilität (S.73, Z.3322)
  • Investition in Speichertechnologien und Vermarktungskonzepte (S.72, Z.3275)
  • Anreizregulierung für IKT-Investitionen in Energieinfrastruktur (Reform Netzentgelte, Finanzierung Energieinfrastruktur) (S.72 ab Z.3301)
Finanzdienstleistungen

Wir befürworten, dass die Digitalisierung im Finanzsektor im Koalitionsvertrag im Vergleich zum Sondierungsstand mehr Erwähnung findet. Was genau unter kohärenter Aufsicht und angemessener Regulierung für Finanzmarktakteure und Finanzprodukte zu verstehen ist, bleibt abzuwarten (über die PSD2-Direktive, DSGVO und Bankenspezifischen Regulierungen ist der Markt generell jedoch schon ausreichend abgesichert).

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Finanzdienstleistungen

  • Möglichkeiten der bargeldlosen Zahlung erweitern (S.71, Z.3216)
  • Rechtsrahmen für den Handel mit Kryptowährungen und Token auf europäischer und internationaler Ebene (S.71, Z.3214)
  • Deutschland als Fintech-Standort stärken (S.70, Z.3209)
Forschung

IKT ist die Schlüsselindustrie der digitalen Revolution. Sie zeichnet sich durch kurze Entwicklungszyklen und einen scharfen Wettbewerb aus. Um in diesem dynamischen und kompetitiven Umfeld bestehen zu können, sind erhebliche Investitionen in Forschung und Entwicklung erforderlich. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD enthält einige erfreuliche Ansätze, die es nun zu konkretisieren und in die Tat umzusetzen gilt.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Forschung

  • Weiterentwicklung der Hightech-Strategie, umfassende Technologieoffenheit in der Forschungsförderung (S.34, Z.1465)
  • Nationales Forschungskonsortium für künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen (S.35, Z.1496)
  • Bekenntnis zum 3,5 Prozent-Ziel (S.12 Z.347)
  • Steuerliche Forschungsförderung für forschende kleine und mittelgroße Unternehmen (S.59, Z.2681) - Problem ist jedoch, dass das Volumen dieser steuerlichen FuE-Förderung nicht klar ist (insg. will der Bund in den Jahren 2018 bis 2021 zur Steigerung von Forschung und Entwicklung in Deutschland 2 Mrd. Euro aufwenden). Die steuerliche FuE-Förderung ist auszuweiten und nach internationalem Vorbild auf alle Unternehmen auszudehnen.
Herausforderungen im Bereich Forschung

  • Beitrag der Industrie zum Innovationssystem und Innovationserfolg wird nicht ausreichend berücksichtigt – immerhin leistet diese zwei Drittel der FuE-Ausgaben. Es stellt sich demnach die Frage nach geeigneten Anreizen für größere private Investitionen.
  • Unklarheit darüber, wie Ziele, wie z.B. die deutschen FuE-Ausgaben bis 2025 auf 3,5 Prozent des BIPs zu erhöhen, erreicht werden können. Forschungsausgaben müssten weiter erhöht werden.
  • Die steuerliche Forschungsförderung darf nicht zulasten der bewährten Projektförderung, auch für große Unternehmen, gehen. (S. 59, Z. 2683)
  • Die festgeschriebene Stärkung der europäischen Forschungspolitik muss trotz Brexit in einem Mittelzuwachs des nächsten Forschungsrahmenprogramms bei Steigerung des relativen IKT-Anteils münden. (S. 36, Z. 1564)
Hate Speech

Das NetzDG ist nach Einschätzung renommierter Juristen verfassungswidrig und handwerklich schlecht gemacht ist. Das Gesetz drängt Wirtschaftsunternehmen dazu, Inhalte Dritter zu zensieren und das Recht der freien Meinungsäußerung zu beschneiden. Das Gesetz sollte daher ersatzlos gestrichen werden.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Herausforderung im Bereich Hate Speech

  • Netzwerkdurchsetzungsgesetz wird weiterhin als richtiger und wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Hasskriminalität und strafbaren Äußerungen in sozialen Netzwerken gesehen (S.131, Z.6202)
Industrie 4.0

Wir sind erfreut, dass Industrie 4.0 als Schlagwort im Koalitionsvertrag genannt wurde und unterstützen den Ausbau der Plattform Industrie 4.0 sowie die Schaffung einer Plattform, die Verbände, Mittelstand, Kammern und Industrie 4.0 vernetzt.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Industrie 4.0

  • Ausbau Plattform Industrie 4.0: Schaffung offener und interoperabler Standards für Industrie 4.0 und tragfähige Lösungen für die IT-Sicherheit (S.57 Z.2575)
  • Schaffung einer Plattform von Verbänden, Mittelstand, Kammern (IHK, HWK) und Plattform Industrie 4.0, um Akteure gezielt zu vernetzen und um zielgruppenspezifische Angebote zu erarbeiten, u. a. Co-Working-, Gründer- und Maker-Zentren (S.43 Z. 1916)
IT-Sicherheit

Grundsätzlich sind die erwähnten Ansätze im Koalitionsvertrag positiv. Wir befürworten, dass Standards „zusammen mit der Wirtschaft“ entwickelt werden sollen. Dennoch besteht die Gefahr, dass hier übereilt gehandelt wird und letztlich eine Regulierung verabschiedet wird, die für Unternehmen technisch nicht umsetzbar ist und die nötige Wirkung beim Verbraucher verfehlt. Außerdem kritisieren wir den nationalen Fokus der erwähnten Maßnahmen.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich IT-Sicherheit

  • Ausbau BSI als Nationale Cybersicherheitsbehörde und als Beratungsstelle für IT-Sicherheit im Mittelstand (S.43, Z.1908, S.44 Z.1976)
  • Stärkung von Verschlüsselung (S.45 Z.1984)
  • Nationaler Pakt Cybersicherheit zwischen Herstellern, Anbietern und Anwendern; Cyberbündnis mit der Wirtschaft (S.44 Z.1966)
  • Förderung des Entwicklungsprinzip „Security by Design“; Entwicklung von IT-Sicherheitsstandards für internetfähige Produkte zusammen mit der Wirtschaft; Gütesiegel für IT-Sicherheit (S.45 Z.1995).
Herausforderungen im Bereich IT-Sicherheit

  • Weiterentwicklung des IT-Sicherheitsgesetzes betrachten wir als nicht notwendig (S.44, Z.1974)
  • Indifferenz beim Thema Backdoors (nicht im Koalitionsvertrag erwähnt)
  • Novellierung des Produktsicherheitsrechts (S.135, Z.6395) – Hier sollten zunächst umfassende Machbarkeitsstudien, Rücksprachen und Austausch zwischen Unternehmen, Behörden wie BSI und Politik erfolgen. Eine vorschnelle Regulierung würde den Zweck verfehlen.
Künstliche Intelligenz

Wir begrüßen, dass Künstliche Intelligenz als Thema von der Politik aufgegriffen wurde. Wir fordern Deutschland und Frankreich gemeinsam dazu auf, KI auch als Schlüsseltechnologie zu begreifen und nicht urheberrechtliche Hürden in Europa zu schaffen, die den Aufbau künstlicher Intelligenz für europäische Unternehmen unmöglich macht (Art. 3 (Text-and-Data-Mining-Schranke) der DSM-Urheberrechtsrichtlinie).

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Künstliche Intelligenz

  • Künstliche Intelligenz wird als Schlüsseltechnologie genannt (S.12, 35,43)
  • „Masterplan Künstliche Intelligenz“ auf nationaler Ebene (S.43 Z.1923)
Landwirtschaft

Wir befürworten, dass die positive Wirkung der Digitalisierung für die Landwirtschaft im Koalitionsvertrag anerkannt wurde. Die Vorschläge und Maßnahmen, die erwähnt wurden, bleiben jedoch weiterhin zu unkonkret.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Landwirtschaft

  • Chance der Digitalisierung für zukunftsfähige Landwirtschaft zur Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutz- und Düngemitteln, des Medikamenteneinsatzes in der Tierhaltung sowie die Erhebung meldepflichtiger Angaben (S.85 ab Z.3960)
  • Kostenlose Bereitstellung von mit öffentlichen Mitteln erzeugter Daten (S.85, Z.3967)
Mittelstand

Wir sind erfreut, dass die Chancen der Digitalisierung auch für den Mittelstand erkannt wurden. Wir befürworten, dass die Digital Hub Initiative fortgesetzt wird. Hier gilt es in der nächsten Legislaturperiode die Maßnahmen konkreter auszuformulieren.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen für den Mittelstand

  • Fortsetzung Digital Hub Initiative, Austausch zwischen Gründern und Mittelstand fördern (S.43 Z.1898)
Mobility

Wir befürworten die zahlreichen konkreten Maßnahmen, die im Bereich der Intelligenten Mobilität vorgenommen werden sollen – im Straßen- sowie im Schienenverkehr. Wir empfehlen jedoch auch, dass bestehende Regelungen mit Blick auf autonome Fahrsysteme auf deren Übertragbarkeit geprüft werden. Möglicherweise offene rechtliche Fragestellungen müssen dann im Fachrecht angepasst werden. Wichtig hierbei: Evaluationsklauseln müssen dafür sorgen, dass bestehende Regelungen mit Blick auf Innovationspotentiale in angemessenen Abständen neu bewertet werden.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Mobility

  • Modernisierung des Personenbeförderungsgesetzes (S.48 Z.2145)
  • Digitale Mobilitätsplattform, die neue und existierende Mobilitätsangebote benutzerfreundlich miteinander vernetzt (S.48 Z.2135)
  • Kommission, die bis Anfang 2019 eine Strategie „Zukunft der bezahlbaren und nachhaltigen Mobilität“ mit verlässlicher Zeitschiene erarbeitet (S.75 Z.3447)
  • Digitalisierung der Schiene; Automatisierung des Güterverkehrs und das autonome Fahren auf der Schiene (S.78 Z.3572)
  • Experimentierklauseln für Autonomes Fahren (S.80 Z.3672), Aufbau „Digitale Testfelder Autobahnen“ (S.80 Z.3684)
  • App-basiertes, bundesweites elektronisches Ticket für den ÖPNV zur bargeldlosen Zahlung über Verkehrsverbünde hinweg (S.48 Z.2140)
Herausforderungen im Bereich Mobility

  • Anpassung der Haftungsregeln beim Einsatz Autonomer Systeme (S. 80 Z. 3676)
  • Rechtsrahmen für das autonome Fahren schaffen, der Datenschutz und Datensicherheit ebenso gewährleistet wie ein Höchstmaß an Sicherheit (S.48, Z.2146)
Plattformen

Wir befürworten, dass Upload-Filter im Koalitionsvertrag abgelehnt werden, da sie eine Gefahr für das Recht der freien Meinungsäußerung, für das freie Internet und für die Informationsvielfalt sind. Wir lehnen jedoch die vorgeschlagene Verschärfung in der ePrivacy ab. Insbesondere ist hier auf Erhaltung der lange ausverhandelten Balance zu achten, auf Kongruenz zwischen ePrivacy, GDPR und EECC und innovationsfreundlicher, datenschutzgemäßer Sicherstellung des Fernmeldegeheimnisses. Auch eine Revision der E-Commerce-Richtlinie lehnen wir ab. Die ECD ist ein Grundbaustein des Interneterfolges. Ohne das Haftungsprivileg würden auch heutzutage keine neuen Plattformen entstehen. Wir unterstützen die Konkretisierung des Notice-and-Takedown-Verfahrens, nicht jedoch eine Weiterentwicklung.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Plattformen

  • Ablehnung einer Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload-Filtern, um von Nutzern hochgeladene Inhalte nach urheberrechtsverletzenden Inhalten zu „filtern“ (S. 49 Z.2217)
Herausforderungen im Bereich Plattformen

  • Ãœbersteuerte Transparenzpflichten bei Buchungsplattformen (S.135, Z. 6401) – die bisherigen Transparenzanforderungen aus Verbraucher-, Wettbewerbs und Datenschutzrecht reichen schon sehr weit. Zusätzliche Pflichten würden die Unternehmen über Gebühr strapazieren und gefährden freien Wettbewerb, Vertragsgestaltung und Preisfreiheit.
  • Modernisierung des Kartellrechts (S.44 Z.1943) – 9. GWV-Novelle hat das Kartellrecht bereits an die Plattformökonomie angepasst
  • Sektorspezifischer Ansatz für Datenschutz (S.129 Z.6103)
  • Verschärfung ePrivacy-Richtlinie (S.49 ab Z.2220)
  • Revision der E-Commerce-Richtlinie (Weiterentwicklung der Hostproviderhaftung) (S.49 ab Z.2212)
Smart City & Smart Region

Die Digitalisierung umfasst alle Bereiche des Lebens und der Daseinsvorsorge in den Kommunen. Wir begrüßen daher, dass im KoaV direkt auf Smart City und Smart Region-Konzepte eingegangen wird. Die deutschen Kommunen benötigen nun flächendeckend konkrete Unterstützung des Bundes, um im internationalen Vergleich nicht weiter an Anschluss zu verlieren. Hierzu sollte u.a. ein bundesweit agierendes „Kompetenzzentrum Digitale Städte und Regionen“ zur Förderung, Beratung und Vernetzung der Kommunen eingerichtet werden.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Smart City & Smart Region

  • Smart City explizit im Koalitionsvertrag erwähnt, unter Bundesprogramm „Smarte Modellregionen“ (S. 47 ab Z.2122) und Dialogplattform „Smart Cities“ (S.113 Z.5334)
Startups

Viele Maßnahmen sind zu befürworten, aber es fehlt weiterhin eine übergeordnete Vision. So wurden viele Maßnahmen bereits 2013 angekündigt (z.B. Gründerzeit analog zur Elternzeit und One-Stop-Shop) und seitdem noch nicht umgesetzt. Einige wichtige Versprechen der vergangenen Legislatur wie die Einführung eines Wagniskapitalgesetzes wurden sogar komplett fallengelassen. Maßnahmen für Startups anzukündigen reicht aber nicht aus, noch dazu wenn sie teilweise sehr vage bleiben und als reine Prüfaufträge formuliert sind.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen für Startups

  • One-stop-shop für Gründer (S. 42 Z. 1853; S. 62 Z. 2852)
  • Befreiung von der monatlichen Voranmeldung der Umsatzsteuer in den ersten beiden Jahren (S. 62 Z. 2850)
  • Finanzierung von Startups durch Tech Growth Funds (S. 42 Z. 1869) sowie nationalen Digitalfonds mit der deutschen Industrie (S. 42 Z. 1878)
  • Bedingungen für Wagniskapital verbessern (S. 62 Z. 2851)
  • Gründerzeit analog zur Elternpflegezeit (S. 42 Z. 1860)
  • Anpassungen im Insolvenzrecht (S. 42 Z. 1856) --> allerdings noch recht vage, da nur auf dem Prüfstand
  • Neue Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung (S. 63, Z. 2866)
  • Erleichterung des Zugangs zur Forschungsförderung (S. 74 Z. 3365)
  • Neue Unterstützungsinstrumente für Gründerinnen (S. 43 Z. 1863)
Steuern

Mit Blick auf Digitalunternehmen scheint die große Koalition vor allem an Steuervermeidung und Steuerumgehung zu denken, die es zu bekämpfen gilt. Dabei wird nicht unterschieden zwischen illegaler Steuervermeidung und legaler Steuergestaltung. Auch sind einige Aussagen zur Steuerpolitik im Koalitionsvertag bis zu einem gewissen Grade inkonsistent.

Obwohl die letzte Unternehmenssteuerreform in Deutschland bereits 10 Jahre zurückliegt und der internationale Steuerwettbewerb spätestens mit der Reform in den USA zum 1.1.2018 wieder an Fahrt aufgenommen hat, gibt der Koalitionsvertrag wenig Anlass zur Hoffnung auf eine substantielle Stärkung des Steuerstandorts Deutschland.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Herausforderungen im Bereich Steuern

  • Finanztransaktionssteuer (S.69 Z. 3118) – inkonsistent, da Finanzplatz Deutschland gleichzeitig gestärkt werden soll und obwohl bereits klar ist, dass dies nicht in der gesamten EU durchsetzbar ist.
  • Fokus vor allem auf Steuervermeidung und Steuerumgehung, Fokus auf großen Internetkonzernen (S.7, S.69) – Fokus jedoch nicht auf Steuergestaltung
Urheberrecht

Wir sehen einige Chancen und mehrere Herausforderungen in den Passagen zum Urheberrecht im Koalitionsvertrag. Beispielsweise begrüßen wir den geplanten Systemwechsel bei Privatkopieabgaben. Einen direkten Vergütungsanspruch von Urhebern und ausübenden Künstlern lehnen wir allerdings ab, weil er die ohnehin hoch komplexen Rechteklärungen um ein vielfaches komplexer macht. Wir unterstützen jedoch mehr Transparenz für den Urheber in der Verwertungskette. Der Urheber muss starke Auskunftsansprüche gegenüber seinem Vertragspartner haben. Die Aussagen im Koalitionsvertrag zu Art. 13 sind widersprüchlich. Uploadfilter – so ist es im KoaV festgeschrieben – werden von den Koalitionspartnern abgelehnt (s. Kommentar zu Plattformen). Diese Position sollte sich auch zu Urheberrecht wiederfinden. Filterpflichten kämen einer Zensur gleich und würden insbesondere kleine Provider stark benachteiligen.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Urheberrecht

  • System der Vergütung für gesetzlich erlaubte Nutzungen auf eine neue Grundlage stellen, indem moderne Nutzungsformen einbezogen werden und die an Urheberinnen und Urheber sowie Leistungsschutzberechtigte zu zahlende angemessene Vergütung effizient, berechenbar und zeitnah bestimmt wird; Vergütung direkt bei der nutzenden Einrichtung (S.132 ab Z.6243) – Wir begrüßen, dass die Bundesregierung das völlig veraltete System der urheberrechtlichen Abgaben grundlegend überarbeiten und hierfür ein technologieneutrales und geräteunabhängiges Finanzierungsmodell einführen will, welches die bestehenden gravierenden Probleme beseitigt und die Vergütung der Urheber dauerhaft sicherstellt
Herausforderungen im Bereich Urheberrecht

  • Verbesserung der Stellung von Rechteinhabern gegenüber Internetprovidern, die sich an der öffentlichen Zugänglichmachung von Werken beteiligen (S.132 Z.6235)
  • Stärkung der Position der Verleger auf europäischer Ebene durch eine eigene Rechtsposition (S.132 Z.6234)
  • Verbindliche Festschreibung der Verantwortlichkeit von Plattformen (S.171 Z.8139)
  • mit Blick auf Art. 13 der Urheberrechts-Richtlinie Schaffung eines Ausgleichs der Interessen von Urhebern, Nutzern und Plattformbetreibern; Prüfung eines Vorstoßs zur Ãœberarbeitung des Haftungsprivilegs in der E-Commerce-Richtlinie (S.171 ab Z. 8145).
Verbraucherschutz

Wir postulieren generell, dass die bestehenden Gesetze, Transparenz- und Verbraucherschutzanforderungen bereits ausreichend sind um den Verbraucher im digitalen Zeitalter zu schützen. Es sollte insbesondere kein Sonderrecht geschaffen werden. Besser wäre es, wenn das bisherige Recht angewandt und ggf. die Durchsetzungsmechanismen gestärkt werden. Hier sind bereits mehrere Initiativen in Arbeit (z.B. Musterfeststellungsklage zur Stärkung des kollektiven Rechtsschutzes). Es sollte nicht an mehreren Stellschrauben gleichzeitig gedreht werden. Die Auswirkungen neuer Regelungen sollten zunächst abgewartet und dann der Handlungsbedarf geprüft werden.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Herausforderungen im Bereich Verbraucherschutz

  • Ãœberprüfung KI- und Algorithmen-basierter Entscheidungen (S.135 Z.6378) - die Industrie ist sich des Themas bewusst. Jegliche Bearbeitung sollte jedoch nur in Zusammenarbeit/Absprache mit der Wirtschaft erfolgen, um technikfremde Vorstöße zu vermeiden.
  • Ãœbersteuerte Regelungen gegen dynamische Preisbildung (S.135 Z. 6384) – dynamische Preisbildung ist erlaubt und auch kein neues Phänomen des Internets. Preisdiskriminierung verbietet bereits das Gesetz des unlauteren Wettbewerbs.
  • Ãœbersteuerte Transparenzpflichten bei Vermittlungs- und Buchungsplattformen (S.135, Z. 6401) – Transparenz ist grundsätzlich gut, deshalb gibt es auch bereits zahlreiche gesetzliche Regelungen dazu. Zusätzliche Pflichten würden hier die Unternehmen über Gebühr strapazieren und den freien Wettbewerb, Vertragsgestaltung und Preisfreiheit gefährden.
  • Einführung einer digitalen Grundrechtecharta (S.49 ab Z. 2229) – nicht notwendig, vielmehr ist es wichtig, die "analogen" Grundrechte im digitalen Kontext zu entwickeln.
  • Automatische Vertragsentschädigung (S.124 Z. 5842) - Automatische Vertragsentschädigungen widersprechen unserem deutschen Prozessrechtssystem. Zivilrechtliche Ansprüche müssen die betroffenen Vertragsparteien selbst durchsetzen.
  • - Validität von Diskriminierungsverbote der analogen Welt in der digitalen Welt der Algorithmen; Transparenz bei Online-Vergleichs- und Beratungsportalen ein (S.47 Z. 2097) - Dies ist bereits der Fall. Die bisherigen Diskriminierungsregelungen bieten hier ausreichend Schutz.
  • Erneute Erwähnung Datenportabilität und Interoperabilität zwischen Plattformen (S.47 Z.2094) – dies wird bereits durch die DSGVO gewährt. Politik sollte sich für Klärung der noch immer verbleibenden Rechtsunsicherheiten einsetzen, damit der Rechtsrahmen für Unternehmen und Nutzer eindeutig wird.
Verteidigung

Mit der Neuordnung des Cyber- und Informationsraums sind das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) und Bundeswehr bereits konsequent einen neuen Weg gegangen. Wir befürworten, dass die weitere konsequente Digitalisierung der Bundeswehr mit den erforderlichen Ressourcen unterstützt wird und die Maßnahmen aus dem Weißbuch 2016 weitergeführt werden.

Einschätzung für die Digitalwirtschaft
Chancen im Bereich Verteidigung

  • Bereitstellung erforderlicher Ressourcen für konsequente Digitalisierung der Bundeswehr (S.159 ab Z.7585)
  • Weiterführung Maßnahmen aus Weißbuch 2016 zur Digitalisierung in der Bundeswehr; „Agentur für Disruptive Innovationen in der Cybersicherheit und Schlüsseltechnologien“ (ADIC) (S.159 Z. 7578)
  • hohes Innovationstempo – auch bei Digitalisierung der Bundeswehr (S.159 Z.7587)