

Das Urheberrecht schützt kreative Menschen und fördert Investitionen in kreative Inhalte. Der beste Schutz nützt aber nichts, wenn der Song in der Schublade bleibt und niemand ihn hört. Daher muss Urheberrecht auch Teilhabe ermöglichen. Hierfür ist ein Umfeld wichtig, das neue Geschäftsmodelle, technologische Innovationen sowie europäische und internationale Wettbewerbsfähigkeit erlaubt. Überregulierung und komplexe Rechteklärung verhindern Teilhabe. Teils zwingen sie sogar Anbieter kreativer Inhalte zu ökologisch wie ökonomisch unvertretbaren Lösungen.
Der Gesetzgeber muss daher auch in der kommenden Legislaturperiode die Anpassung des Urheberrechts an einen Digitalen Binnenmarkt weiter fortsetzen. Ein konkretes Projekt sollte hierbei die Überarbeitung des Modells der pauschalen Abgaben für Privatkopien sein. Als Aufschlag auf Tonbandgeräte vor 50 Jahren eingeführt, müssen Verbraucher heute zusätzlich zum Kaufpreis Abgaben auf Smartphones, Tablets und Smartwatches zahlen. Das Modell ist aus der Zeit gefallen, denn bei Verbrauchern stehen längst Streaming-Dienste im Vordergrund, bei denen gar keine Privatkopien möglich sind. Der Gesetzgeber sollte daher als Alternative hierzu ein geräteunabhängiges und technologieneutrales Finanzierungsmodell finden, um künstliche Handelsbarrieren abzubauen und den Technologiestandort Deutschland zu stärken.
In Bezug auf die Rechtenutzung sollte er einen Rahmen aufrechterhalten, der zu weiteren Investitionen in kreative Werke ermutigt und illegaler Nutzung von urheberrechtlich geschützten Inhalten entgegenwirkt. Er wird immer wieder neu die Balance zwischen den berechtigten Interessen der Kreativen, Werkvermittler und Nutzer finden müssen, wenn er Kreativität, Kreativwirtschaft und Teilhabe fördern will.
Die Richtlinien zur EU-Urheberrechtsreform, seit 2019 in Kraft, regulieren einen bunten Strauß an Urheberrechtsfragen. Politisch werden diese häufig auf die Verantwortung von bestimmten Onlinediensten (Art. 17) und das Leistungsschutzrecht für Presseverleger (Art. 15) reduziert. Deutschland sollte die unterschiedlichen Urheberrechtsfragen weniger an der politischen, sondern eher an der wirtschaftlichen Bedeutung messen. Zudem sollten bei derart kontroversen Themen Sachlichkeit, Transparenz und die Einhaltung von EU- und internationalem Recht noch mehr in den Vordergrund gestellt werden. Auch sollten neu geschaffene Regulierungen im Urheberrecht nach einer Einführungsphase evaluiert werden.
Nur einfache und transparente Systeme zur Rechteklärung führen zu einer Kreativwirtschaft, die auch online und on demand Teilhabe schafft. Seit 2016 gilt ein EU-Rechtsrahmen für Verwertungsgesellschaften, der dies ermöglichen soll. Doch es zeigt sich, dass der pan-europäische Markt von Musikrechten eher intransparenter geworden ist. Verwertungsgesellschaften bzw. von ihnen gegründete kommerzielle Unternehmen nutzen ihre Marktmacht gegenüber potenzellen Lizenznehmern aus und behindern damit Innovation und Wettbewerb. Die Bundesregierung sollte in Brüssel daher auf eine umfassende Evaluierung des Rechtsrahmens drängen.
Das deutsche Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) sieht vor, dass ein Großteil der Rechtsstreitigkeiten zum Urheberrecht zentral und damit mit gebündelter Expertise bei der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes zu verhandeln ist. Die Schiedsstelle ist jedoch mit ihren derzeit vorhandenen wenigen Ressourcen derart überlastet, dass sie ihre Aufgaben kaum wahrnehmen kann. Hier muss die Bundesregierung dringend nachsteuern und das Personal um das Doppelte aufstocken. Anderenfalls kann das Ziel Rechtsstreitigkeiten zum Urheberrecht mit gebündelter Expertise, zentral und schnell zu lösen, nicht erreicht werden.
Immer mehr Menschen nutzen heute Fernsehangebote mit einer viel größeren Flexibilität als früher. Es sollte ermöglicht werden, dass genau diese Angebote nutzerfreundlich und ressourcenschonend aufgerufen werden können. Dazu bedarf es eines vereinfachten und gebündelten Rechteklärungsystems wie es dies bei der Weitersendung von TV-Inhalten gibt. Die Funktionalität des Internet PVR sollte durch den Zugriff auf eine Masterkopie mit individualisiertem Zugriff ermöglicht werden. Aktuell wird diese Funktionalität allein wegen des Urheberrechts nicht nur künstlich verkompliziert und verteuert, sondern ökologisch in nicht vertretbarer Weise umgesetzt, indem eine Vielzahl an Sendungen auf ein und demselben Server mehrfach gespeichert wird.
Das System der gerätebezogenen Abgaben für Privatkopien ist veraltet. Dort, wo Privatkopien heute noch stattfinden, sollten sie künftig über ein technologieneutrales und geräteunabhängiges Modell kompensiert werden. Vorbild für ein neues Modell können hierbei andere europäische Länder wie z.B. Norwegen, Finnland und Island sein, in denen dieser Wandel bereits vollzogen wurde.