Trendreport E-Learning

Megatrends

Die neuen Anforderungen an das Lernen ändern, wie, was, wann und wo wir lernen. Diese Entwicklungen prägen den Bildungsmarkt: Lernende möchten nicht mehr nur aus einem begrenzten und starren Angebot an Seminaren oder Kursen wählen müssen. Für Bildungsanbieter ist klar: Für den Erfolg am Markt wird in Zukunft eine maximal schnelle und individualisierte Bereitstellung des gewünschten Bildungsangebotes entscheidend sein. Um die Bedürfnisse der Lernenden zu erfüllen und wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Bildungsangebote entsprechend angepasst werden.

Die folgenden vier Faktoren beeinflussen die Entwicklung des digitalen Lernens maßgeblich:

Soziodigitale Transformation

Die fortschreitende Digitalisierung verändert, wie wir leben, kommunizieren, arbeiten und prägt die Funktionsweisen und Strukturen unserer Gesellschaft. Die soziodigitale Transformation richtet Prozesse, Arbeitsformen und unterstützende Tools an den Bedürfnissen der Nutzenden aus.

Dies führt zu vermehrt datengetriebenen Steuerungs- und Verwaltungssystemen. Relevante Entscheidungen werden im direkten Austausch mit den Anwenderinnen und Anwendern getroffen. All das bringt eine neue Führungs- und Arbeitskultur mit sich. Arbeitnehmende stellen andere Ansprüche an ihre Unternehmen – und sind angesichts des verschärften Fachkräftemangels und des „war for talents“ auch in entsprechender Position. Eine stärkere Orientierung an Werten, zunehmende gesellschaftliche Verantwortung sowie die Gesundheit und das Glück des Einzelnen stehen im Mittelpunkt dieser Veränderung. Wo Mindfulness (Achtsamkeit) die Haltung des Einzelnen und den Umgang untereinander prägen sowie zur Corporate Culture erheben soll, steht auf der organisationalen Seite ganzheitliche Nachhaltigkeit (ökologisch, sozial, ethisch) als zwangsläufige Maßgabe. Und da die zugrundeliegenden Werte nicht teilbar sind, gilt es auch diese Aspekte bei (Weiter-) Bildungsmaßnahmen zu berücksichtigen.

Individualisierung

Durch den digitalen Wandel und die damit verbundene Angebotsvielfalt ist der Mensch gewohnt, dass alles „on demand“ und auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten ist.

Dadurch werden Lernerlebnisse immer individueller in ihrem Angebot und unterhaltsamer in ihrer Ausgestaltung. Intelligente Systeme tragen dazu bei, adaptive Lernpfade zu entwickeln und so ein auf das Individuum abgestimmtes Up- bzw. Reskilling zu ermöglichen. Interaktive Filme und Entertainment-Elemente werden in synchronen wie asynchronen Lernphasen immer wichtiger. Durch die Digitalisierungpasst sich der Lernprozess immer mehr dem Alltag des Individuums an. Analog zum New Work soll auch das New Learning überall und zu jeder Zeit möglich sein. Mobiles Lernen, etwa mit dem Handy im Bus, ergänzt Angebote aus anderen Lernzusammenhängen und ermöglicht dem Lernenden eine flexible, individuell angepasste Ausgestaltung des Lernprozesses. Im Zuge dieser Entwicklung kommt den Lernenden vermehrt Selbstverantwortung für den Lernprozess zu teil. Gleichzeitig können Lernende selbstbestimmt über die Lerninhalte und -geschwindigkeit zu entscheiden.

Der individuelle Lernerfolg wird in Zukunft verstärkt gemeinsam erreicht. Analog zur Arbeit wird auch beim Lernen Kollaboration künftig eine entscheidende Rolle einnehmen. Als Lernform soll Kollaboration Synergien schaffen sowie den Austausch und Reflexion fördern. Hierbei geht es auch darum, durch abteilungs- und fachübergreifende, kollaborative Lernformen neue Blickwinkel zu gewinnen – und das auf Augenhöhe mit den Trainerinnen und Trainern.

Kompetenzentwicklung

Ziel des New Learnings ist es, nicht einfach nur Wissen zu vermitteln, sondern insbesondere auch Kompetenzen zu entwickeln.

In diesem Rahmen werden neue Schwerpunkte gesetzt: Statt passiver Rezeption soll die Reflexion sinnvoller Lösungswege und eigenverantwortlicher im Mittelpunkt stehen. So soll erfolgreiches Handeln in die eigene Lebensrealität eingebettet werden. So kann, insbesondere in der beruflichen Weiterbildung, durch die Verschmelzung von Lernen und Arbeiten der Sinn des Erlernten in den Kontext einer realen Arbeitsaufgabe gestellt und nachhaltig verankert werden.

Der Wandel hin zu einer Kompetenzentwicklung beeinflusst auch die allgemeine Wahrnehmung und Ausgestaltung des Lernprozesses. Die eigene Haltung und Werte werden reflektiert und die Orientierung an Defiziten wird durch eine Potenzialorientierung verdrängt. Die individuelle Bedeutsamkeit rückt so auch hier in den Fokus. Dem Lernenden selbst kommt ebenfalls eine neue Rolle zu: Er bekommt mehr Gestaltungsmacht im Lernprozess und trägt die Verantwortung für das Absolvieren von Lernformaten. Diese werden heute oft von pädagogischem Personal kuratiert, um so eine höchstmögliche Passung auf Lerntyp, Lernziel und Ressourcenoptimierung zu erreichen. Ausgereiftere Modelle setzen dafür eine Teilautomatisierung ein, etwa über Datenbankfunktionen. High End wird schließlich das komplett adaptive Lernmanagement-System (LMS) sein, das KI-geführt nicht nur aus großen Datenmengen gelernt hat Empfehlungen auszusprechen, sondern in Echtzeit Lernpfade anpasst und Einflussgrößen berücksichtigt, die heute in ihrer Bedeutung noch gar nicht erkannt sind.

Mit der Ablösung zertifizierter Einheitskurse von der Stange, wird sich auch im Zertifikatswesen einiges tun müssen, wenn nicht Bedeutungslosigkeit drohen soll. Herausforderungen dabei sind die Bewertung individualisierter Inhalte und Verfahren zur Feststellung erworbener Kompetenz, denn reine Wissensprüfungen können vor diesem Hintergrund keinen wirklichen Informationsmehrwert und professioneller Standard sein. Hier sind die zuständigen Institutionen ebenso gefragt wie die Bildungsträger als Transmissionsriemen zwischen Arbeitsplatzangebot und passgenauem Kompetenzerwerb.

Lösungsdenken

Ziel des Kompetenzerwerbs bei einem beruflichen Bildungsanbieter ist es nicht, die Bewerbungsmappe mit weiteren Zertifikaten zu füllen. Stattdessen soll verlässliche Handlungsfähigkeit zum Nutzen von Arbeitenden und Arbeitgebenden hergestellt werden.

Reines Produktdenken weicht hier folglich einem Lösungsdenken. Es geht nicht mehr bloß darum, ein Produkt auf die Beine zu stellen –sondern das Produkt so zu gestalten, dass es auf dem einfachsten Weg das gewünschte Ergebnis, in diesem Fall der individuelle Lernerfolg, ermöglicht. Dieses Lösungsdenken im Bildungsprozess ist nicht nur für Erwerbstätige, sondern auch für Erwerbslose zentral. Für neue Aufgaben und Perspektiven muss primär Handlungskompetenz geschaffen werden. Dies kann bestenfalls durch eine lösungsorientierte Betrachtung gelingen.