Tech Weekly Folge 123 zu Bilanz und Ausblick Digitalpolitik 2025
Podcast

Digitalpolitik 2025: Bilanz und Ausblick

Der Podcast „Tech Weekly #123" zum Nachlesen

Tobias Grimm:
Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Das Jahr, in dem wir in Deutschland erstmals ein eigenständiges Digitalministerium geschaffen haben und das voll war von digitalpolitischen Debatten. Was wurde konkret erreicht? Was ist liegen geblieben? Und welche Digitalvorhaben müssen 2026 unbedingt abgeschlossen werden? 
 

Fabian Zacharias:
„Vor allem haben wir auf das neue Digitalministerium geschaut. Das ist, glaube ich, einer der großen Meilensteine nicht nur für dieses Jahr, sondern für die gesamten letzten Jahre.“
 

Tobias Grimm:
Fabian Zacharias aus der Geschäftsleitung des Bitkom blickt auf das politische Jahr zurück und fasst die wichtigsten Schritte fürs nächste Jahr zusammen. 
Außerdem: Welche Weichenstellungen sind nötig, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken?
 

Niklas Veltkamp:
„Die Bitkom-Branche ist dieses Jahr um 4,4 Prozent gewachsen, damit deutlich natürlich über der Gesamtwirtschaft. Wir schaffen mittlerweile 1,35 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland. Auch das ist nochmal ein leichtes Plus.“
 

Tobias Grimm:
Niklas Veltkamp, ebenfalls Mitglied der Geschäftsleitung des Bitkom, blickt auf die Entwicklungen der digitalen Transformation in Deutschland zurück. 
Und damit herzlich willkommen zu Tech Weekly, dem Podcast des Bitkom, mit mir, Tobias Grimm.
 

 

Politik


Bundestagswahl, neue Regierung, erstmals ein eigenständiges Digitalministerium, geführt von Bundesdigitalminister Dr. Karsten Wildberger. Politisch hat sich in diesem Jahr viel bewegt. Wie die Ausgangslage zu bewerten ist und was 2026 passieren muss, darüber spreche ich heute mit Fabian Zacharias und Niklas Veltkamp, beide aus der Geschäftsleitung des Bitkom.
 

Tobias Grimm:
Fabian, beginnen wir bei dir. Welche digitalpolitischen Meilensteine aus diesem Jahr bleiben dir besonders in Erinnerung, sowohl im Positiven als auch im Negativen?
 

Fabian Zacharias:
Auch wenn es jetzt schon ein Weilchen her ist, aber wir hatten eine Bundestagswahl und haben eine neue Bundesregierung bekommen. Und insofern, wir haben natürlich auf den Koalitionsvertrag geschaut und vor allem haben wir auf das neue Digitalministerium geschaut. Das ist, glaube ich, einer der großen Meilensteine, nicht nur für dieses Jahr, sondern für die gesamten letzten Jahre, dass wir endlich ein echtes eigenständiges Digitalministerium haben, das auch die Staatsmodernisierungsthemen mit im Geschäftsbereich hat und das sehr schlagkräftig aufgestellt ist. Das ist auf jeden Fall sehr, sehr erfreulich und ein ganz zentraler Punkt. Ein zweiter ist vielleicht, dass wir dann jetzt in der Folge auch erstmals einen eigenständigen Haushaltstitel oder einen eigenständigen Einzelplan im Haushalt haben für das Digitale, für das Digitalministerium. Da ist natürlich, wenn man ehrlich ist, nicht alles drin, was Digitalisierung betrifft, aber es ist auf jeden Fall schon mal ein deutlicher Schritt nach vorn gegenüber der Situation vorher, wo das Digitale überall im Bundeshaushalt verteilt war.

Und vielleicht noch ein Blick auf die europäische Ebene: Natürlich ein zentraler Meilenstein ist gewesen, jetzt vor wenigen Wochen, die Veröffentlichung des Digital-Omnibuses, also des Gesetzespakets zur Vereinfachung, Simplifizierung, Harmonisierung diverser großer Digitalgesetze der EU. Etwas, worauf viele – inklusive uns – lange gewartet haben.
 

Tobias Grimm:
Niklas, wie bewertest du das Jahr 2025 insgesamt, vor allem mit Blick auf die Wirtschaft, auf die Bitkom-Branche und auch auf die Transformation in Deutschland?
 

Niklas Veltkamp:
Die wirtschaftliche Lage in Deutschland bleibt 2025 extrem angespannt. Wir sehen das dritte Krisenjahr in Folge. Kein Wachstum, Stagnation. 82 Prozent der Unternehmen sagen, die Krise der deutschen Wirtschaft ist auch eine Krise der zögerlichen Digitalisierung. 78 Prozent sagen, ohne Digitalisierung wird Deutschland wirtschaftlich weiter absteigen. Und gleichzeitig kämpfen mehr als die Hälfte der Unternehmen mit eben der Bewältigung dieser Digitalisierung. 53 Prozent sagen, wir haben echte Probleme damit, die Digitalisierung zu bewältigen. Und trotzdem, in diesem schwierigen Umfeld, investieren gut ein Drittel der Unternehmen dieses Jahr mehr oder deutlich mehr in Digitalisierung. 42 Prozent auf dem Vorjahresniveau. Ich glaube, das ist mit Blick auf das wirtschaftliche Umfeld schon eine gute Meldung.

Die Bitkom-Branche ist dieses Jahr um 4,4 Prozent gewachsen, damit deutlich natürlich über der Gesamtwirtschaft. Wir schaffen mittlerweile 1,35 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland. Auch das ist nochmal ein leichtes Plus im Vergleich zum Jahr 2024. Aber auch wir sehen, das ist ja auch medial breit diskutiert worden, so viele Insolvenzen im Start-up-, im Scale-up-Umfeld wie noch nie in den Jahren zuvor. Wir sehen Abwertungen in Finanzierungsrunden, durchaus auch bei bekannten Tech-Unternehmen. Gleichzeitig aber auch – Licht und Schatten – wieder mehr Megarounds. Wir haben fünf neue Unicorns in Deutschland. Und wir sehen in den Themenfeldern KI, Defense und Deep Tech eine echte Dynamik. Helsing hat dieses Jahr 600 Millionen Euro eingesammelt. IQM im Quantum-Bereich hat 320 Millionen US-Dollar eingesammelt. Und im KI-Bereich sicherlich eines der spannendsten Unternehmen, Black Forest Labs aus Deutschland, mit einer Finanzierungsrunde von 300 Millionen US-Dollar in diesem Jahr.

Und KI ist, glaube ich, auch das Thema, was die Wirtschaft dieses Jahr bewegt hat. 45 Prozent der Unternehmen sagen, KI wird Geschäftsmodelle in meiner Branche komplett verändern. Und KI kommt aber eben jetzt auch in diesem Jahr bei den Unternehmen an. Inzwischen nutzt mehr als jedes dritte Unternehmen, repräsentativ, in Deutschland KI. 36 Prozent der Unternehmen setzen im Jahr 2025 KI ein. Damit ist der Anteil fast doppelt so hoch wie noch im Jahr zuvor, wo er bei knapp 20 Prozent lag. Zudem, und das kommt zu diesen 36 Prozent dazu, plant fast jedes zweite Unternehmen, 47 Prozent, aktuell den KI-Einsatz. Auch dieser Wert ist nochmal deutlich über dem Vorjahr. Das heißt, KI hat im Jahr 2025 in der deutschen Wirtschaft den Durchbruch geschafft. Die Unternehmen haben die Möglichkeiten von KI erkannt. Sie setzen aber auch KI wirklich aktiv ein und investieren an dieser Stelle. Ich glaube, das ist in dem Umfeld, was dieses Jahr sicherlich herausfordernd war, insgesamt eine sehr gute Nachricht für die Wettbewerbs- und auch Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.
 

Tobias Grimm:
Fabian, machen wir weiter bei dir – auf europäischer Ebene hat die neue Kommission in diesem Jahr ihre Arbeit aufgenommen. Wie beurteilst du da die Initiativen und auch die Entscheidungen, die getroffen wurden?
 

Fabian Zacharias:
Man kann schon sagen, dass die Kommission einerseits doch recht aktiv ist und eine Reihe von Initiativen versucht, auf den Weg zu bringen, um das digitale Ökosystem und insgesamt die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Aber ich würde sagen, die Wirkung ist bisher überschaubar. Es gibt viele Strategien, viele Roadmaps, wenig konkrete Regulierung, wenig konkreten Abbau auch von bürokratischen Hürden. Da muss sie erst noch liefern. Das versucht sie jetzt mit dem Digital-Omnibus. Da kann man schon sehen, dass uns da harte Diskussionen ins Haus stehen, weil es durchaus auch Akteure gibt, die sagen, wir sehen das überhaupt nicht so, dass man hier simplifizieren und harmonisieren sollte. Das ist dann sicherlich etwas für das nächste Jahr. Insgesamt muss man sagen, es geht nicht schnell genug. Es ist nicht konkret genug. Und die Kommission muss aus meiner Sicht schon aufpassen, dass sie das Ambitionsniveau hält, das sie zu Beginn ihres Terms, ihrer Amtszeit, formuliert hat.
 

Tobias Grimm:
Das heißt, was würdest du sagen, wie muss es im nächsten Jahr weitergehen, digitalpolitisch?
 

Fabian Zacharias:
Auf europäischer Ebene muss man ganz klar sagen, der Omnibus darf nicht verwässert werden. Der Digital-Omnibus geht in die richtige Richtung. Da stehen viele Dinge drin, die wir aus Sicht der digitalen Wirtschaft befürworten. Wir hätten sogar noch eine Reihe von Punkten, die zusätzlich noch, jetzt im Gesetzgebungsprozess, eigentlich in diesen Omnibus aufgenommen werden müssten. Wir haben im Moment eher eine Diskussion, die dahin geht, kann man da quasi noch ein bisschen was rausnehmen aus dem Omnibus. Das wäre aus unserer Sicht definitiv die falsche Richtung. Wir erwarten außerdem noch eine Reihe von weiteren Initiativen, die auch so in den Themenbereich der digitalen Souveränität gehen. Also es soll oder wird zum Beispiel darüber diskutiert, ob man Herkunftsquoten, Europaquoten mit rein nimmt in den Cloud and AI Development Act. Wir erwarten noch ein Paket zum Thema Telekommunikation, den Digital Networks Act, wo es um die Stärkung des europäischen Telekommunikations-Ökosystems gehen soll, wo im Moment aber auch noch so ein bisschen unklar ist: Wird es jetzt ein großer Wurf oder wird das Paket am Ende dann doch ein bisschen kleiner, als man es ursprünglich diskutiert hat?

Und etwas, das man immer nicht so im Blick hat, das aber sehr wichtig ist, ist, dass im Moment der mehrjährige EU-Haushalt, der sogenannte MFF, verhandelt wird. Da geht es auch darum, ob wir in der Lage sind, auf europäischer Ebene ein Förderinstrument zu installieren, das agil ist sozusagen, das schnell ist, wo man nicht mit sieben Jahren Vorlauf sagen muss, was man dann irgendwann in sieben Jahren mal fördern möchte, was also überhaupt nicht gemacht ist, um auf die Innovationszyklen in der digitalen Wirtschaft auch adäquat zu reagieren. Also dieser MFF wird, nicht nur für den Digitalbereich, insgesamt für die Europäische Union super wichtig.
 

Tobias Grimm:
Niklas, machen wir weiter bei dir. Ein Thema, das uns ja das ganze Jahr über begleitet hat, ist die digitale Souveränität. In unserer Befragung anlässlich des Gipfels zur europäischen digitalen Souveränität sagten neun von zehn Unternehmen, dass sie aktuell digital abhängig seien. Was muss sich denn da ändern, und was sollten Wirtschaft und Politik im nächsten Jahr konkret anpacken?
 

Niklas Veltkamp:
Digitale Souveränität hat uns, sicherlich verstärkt durch die geopolitischen Verwerfungen, die wir dieses Jahr sehen und miterleben mussten, durch das ganze Jahr begleitet. Das ist ein Thema, was wir seit vielen Jahren aktiv begleiten, was aber dieses Jahr nochmal eine ganz neue Dynamik erfahren hat. 
Und eine neue Dynamik erfahren hat, nicht nur seitens der Politik, sondern eben auch seitens der Unternehmen. Schauen wir auf die Situation heute: Hardware aus China, Cloud und KI-Lösungen aus den USA, Chips aus Taiwan, Industrieroboter aus Südkorea. Die Unternehmen der deutschen Wirtschaft sind stark abhängig von digitalen Technologien und Leistungen aus dem Ausland. Eben neun von zehn, du hast es gerade angesprochen, die diese Leistungen importieren, sagen auch ganz klar: Ich bin abhängig, an der Stelle. Nur vier Prozent, vier von 100 Unternehmen, wären dauerhaft überlebensfähig, wenn diese Digital-Importe wegfallen würden. Und 57 Prozent, also deutlich mehr als die Hälfte, könnten ohne diese Digital-Importe als Unternehmen maximal noch ein Jahr überleben.

Die Forderung der Wirtschaft – ich würde es aber erweitern, auch die Forderung an Politik und Wirtschaft, aus meiner Sicht an der Stelle – ist ganz klar, Deutschland muss stärker in Schlüsseltechnologien investieren. Das teilen auch 94 Prozent der Unternehmen und sehen das als den wichtigsten Hebel an. Das heißt, wir müssen mehr Investments in diese Schlüsseltechnologien sehen. Wir brauchen aber natürlich auch den richtigen Rahmen. Wir haben es schon angesprochen: Rückbau von Regulierung, Abbau von Bürokratie, einen echten EU-Binnenmarkt, Harmonisierung an der Stelle, auch europaweiter Stopp von Goldplating, und das gepaart mit einer Aktivierung von Venture Capital, eben Risikokapital, bei institutionellen Investoren hier in Deutschland und Europa. Das sind die Rahmenbedingungen.

Das andere ist aber natürlich schon auch, wir brauchen spezifische Maßnahmen für mehr digitale Souveränität in Deutschland und Europa. Und da ist die Grundlage der Ausbau und Betrieb eben resilienter digitaler Infrastrukturen hier vor Ort. Das ist zum Zweiten aber auch – und ich glaube, das ist die größte Chance für uns – der Aus- und Aufbau einzigartiger Fähigkeiten in ausgewählten kritischen Sektoren. Quantum- und Kommunikationsnetze stehen da aus unserer Sicht ganz oben auf der Agenda. Und das sind zum Dritten aber auch der Auf- und Ausbau ausreichender Fähigkeiten. Das heißt, auch da müssen wir dranbleiben in Bereichen wie Cloud, KI-Basismodellen, Halbleiter, IT- und Cybersicherheit. Da bringen wir viel mit, aber da müssen wir wirklich am Ball bleiben, um da auch international mitspielen zu können. Das Vierte ist der Schutz von Stärken. Das heißt, wir müssen schauen, an welchen Stellen wir vielleicht auch Übernahmen durch nicht vertrauenswürdige Akteure untersagen müssen und wie da sich gegebenenfalls auch die Regularien ändern müssen.
 

Tobias Grimm:
Fabian, machen wir weiter bei dir – ein anderes Projekt, das wir Bitkom-seitig haben, ist ja der Monitor Digitalpolitik. Wir haben da 212 Digitalvorhaben in der schwarz-roten Bundesregierung identifiziert. Sechs davon sind schon abgeschlossen. Bei welchen Themen möchtest du da nächstes Jahr sehen, dass es von Rot oder Gelb auf Grün springt?
 

Fabian Zacharias:
Anfang Januar kommt das Update und da werden wir dann sehen, was jetzt im letzten Quartal schon von Gelb auf Grün und von Rot auf Gelb gesprungen ist. Wenn wir auf's nächste Jahr blicken, gibt es eine Reihe von Themen, vor allem aus dem Bereich der Staatsmodernisierung, die das Potenzial haben, auch echte Brustlöser zu sein. 
Da gibt es zum einen die EUDI-Wallet, also die digitale Brieftasche, etwas, worüber Minister Wildberger auch gerade öffentlich sehr viel kommuniziert. Die soll Ende 2026, Anfang 2027, an den Start gehen, und das muss natürlich jetzt im kommenden Jahr alles entsprechend vorbereitet werden. Außerdem arbeitet die Bundesregierung am Deutschland-Stack. Das ist ja ein Projekt, über das wir hier im Podcast auch schon gesprochen haben. Und da wird es jetzt in den nächsten Wochen und Monaten darum gehen, das sehr viel konkreter zu machen und so zu unterlegen, dass wir am Ende eine Lösung haben, die nicht nur für die Bundesbehörden, sondern auch für die Länder und die Kommunen nutzbar ist. Und das ist, glaube ich, schon ein Projekt, das das Potenzial hat, auch... ich will nicht sagen, ein Quantensprung zu sein, aber die Digitalisierung der Verwaltungen im Land wirklich massiv voranzutreiben, das massiv zu vereinfachen.

Der Deutschland-Stack wird auch referenziert in den beiden Modernisierungsagenden. Modernisierungsagenda Föderal und Modernisierungsagenda Bund, die müssen umgesetzt werden. Völlig klar, auch ein wichtiges Thema für das nächste Jahr. 

Wir rechnen außerdem mit Aktivitäten, sage ich mal im weitesten Sinne, zur Stärkung des Rechenzentrenstandorts. Also die Bundesregierung hat eine Rechenzentrenstrategie angekündigt. Papier ist geduldig. Aber das ist auf jeden Fall ein Schritt, den wir uns jetzt in den nächsten Wochen schon erwarten, wo wir gespannt drauf schauen. Und wo ich auch sagen würde, ein Thema für die Stärkung des Rechenzentren-Ökosystems im Land ist das Thema Energiepreise, wo es aktuell so ist, dass weder die Stromsteuersenkung noch der Industriestrompreis so ausgestaltet sind, dass Rechenzentren davon profitieren können – generell digitale Infrastrukturen nicht davon profitieren können. Und das muss sich ändern und ist etwas, das wir uns wünschen würden und wo wir sagen, das muss jetzt im nächsten Jahr zügig kommen.

Ein Thema, das für den Bitkom auch immer schon relevant gewesen ist und in den letzten Wochen ein bisschen in den Hintergrund getreten ist, aber super, super wichtig ist, ist der Digitalpakt 2.0. Da geht es um die Digitalisierung der Schulen im Land. Da soll jetzt der Digitalpakt 2.0, also das Nachfolgemodell zum ersten Digitalpakt, starten. Das muss dann von den Ländern ratifiziert werden und so weiter und so fort. Aber ein super wichtiges digitalpolitisches Projekt, das im nächsten Jahr ganz konkret Gestalt annehmen muss. Und wenn wir dann vielleicht den Blick noch ein bisschen weiten, ein Thema für das digitale Ökosystem und auch die Start-ups und Scale-ups im Land, ist ja das Thema der Kapitalverfügbarkeit. Wenn wir also über Dinge reden wie eine große Rentenreform zum Beispiel – das sind Themen, die unmittelbar auch Auswirkungen auf die Tech-Sphäre, auf die digitale Sphäre haben, wenn man es richtig ausgestaltet und dafür sorgt, dass sich die Kapitalverfügbarkeit in Deutschland und in Europa verbessert.
 

Tobias Grimm:
Niklas, zum Abschluss die Frage an dich: Wenn du auf das nächste Jahr blickst, welche Trends oder auch politischen Weichenstellungen könnten denn deiner Meinung nach den größten Einfluss auf die digitale Wettbewerbsfähigkeit Europas haben?
 

Niklas Veltkamp:
Aus meiner Sicht sind es vier Felder, die ich hier hervorheben würde. Das eine als Grundlage, die digitale Infrastruktur. Wir haben 2025 hier Spannendes gesehen. Im September ist der Hochleistungscomputer Jupiter in Jülich im Beisein von Kanzler Merz in Betrieb genommen. Damit ist Deutschland in die Weltspitze der Hochleistungscomputer vorgestoßen und schafft natürlich auch Voraussetzungen für die Entwicklung im KI-Bereich. 2026 wird es die Entscheidung der EU über die Standorte für die AI-Gigafactories geben. Wir sind optimistisch, dass eine davon nach Deutschland kommen wird. Auch in diesem Jahr hat die Rechenzentrumsbranche bereits sehr aktiv investiert. 12 Milliarden Euro sind an Investitionen in Deutschland geflossen. Dieser Trend wird sich 2026 fortsetzen. Die Kapazitäten werden hier in den nächsten Jahren um 70 Prozent zulegen. Das hat eine enorm hohe Bedeutung für die digitale Souveränität. Umso unverständlicher, warum genau dieser Bereich bisher bei den geplanten Strompreisentlastungen ausgeschlossen geblieben ist. Insofern hoffen wir, dass wir da natürlich 2026 noch Bewegung sehen werden. In dem Feld ist nämlich einiges geplant: Es wird eine Rechenzentrumsstrategie vom Digitalministerium geben, es wird im Moment ein MoU zwischen den TK-Unternehmen und dem Digitalministerium zum Ausbau verhandelt. Es wird ein Gesetz zur Netzausbaubeschleunigung geben, auf nationaler Ebene und auf europäischer Ebene werden wir den DNA, den Digital Networks Act, sehen – Infrastruktur als Grundlage.

Innovationstreiber, Startups und Scale-ups vielleicht als zweite wichtige Säule. Es wird sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene an einer Startup- und Scale-up-Strategie gearbeitet. Wir sind jeweils in den Prozess eingebunden. Ich glaube, wir brauchen hier wirklich auf nationaler wie europäischer Ebene mehr Mut, Bürokratie und Überregulierung wirklich drastisch zu reduzieren, widersprüchliche Regeln konsequent zu streichen und eben einen echten digitalen Binnenmarkt zu schaffen. Das wird sicherlich ein Thema, was uns durch's nächste Jahr begleiten wird. 

Technologisch sind es, glaube ich, vor allem zwei Bereiche. Das Thema KI, oder die Bedeutung des Themas KI im Jahre 2025, haben wir besprochen. Auch 2026 wird das Thema eine enorme Bedeutung für die Wirtschaft haben. Insbesondere die Schwerpunkte Industrial AI und Physical AI. Das heißt, egal ob selbstlernender Roboter, vorausschauende Wartung, simulationsgestützte Entwicklung: KI ist in der Industrie angekommen. Aber es geht jetzt eben darum, mit Industrial AI dann wirklich Prozesse zu optimieren, Ressourceneinsatz zu reduzieren, neue datenbasierte Geschäftsmodelle zu ermöglichen und hier dann wirklich zum breiten Einsatz zu kommen. Physical AI gerade dann die Schnittstelle zu den Maschinen – KI, die quasi in die Geräte, in die Maschinen einzieht, in die Roboter einzieht. Ich glaube, das ist auch ein Trend, den wir im nächsten Jahr werden beobachten können und eben hoffentlich dann auch in der deutschen Wirtschaft verstärkt im Einsatz sehen werden.

Das zweite große technologische Thema, das überrascht jetzt glaube ich nicht, das Thema Quantum. Die EU-Kommission hat ja auch dieses Jahr schon ihre Quantum Strategy vorgestellt. Ich glaube, hier geht es jetzt einfach darum, wirklich die wichtigen Themen Infrastruktur, Talente und Startups in dem Bereich entsprechend zu fördern. Quantencomputing ist eine technologische Revolution. Definitiv auf einer Stufe mit KI, eine völlig andere Art zu rechnen, sicher zu kommunizieren, mit einer bislang unerreichten Präzision Dinge messen zu können, aber auch simulieren zu können – und damit natürlich nochmal das Potenzial, Branchen grundlegend zu verändern. Hier bringt Deutschland, hier bringt Europa im Bereich der Forschung eine sehr, sehr gute Grundlage mit. Und deshalb braucht es jetzt nicht nur die Quantum Strategy, die dieses Jahr vorgestellt wurde, sondern es braucht nächstes Jahr einen Quantum Act, der eben an dieser Strategie anknüpft und sie dann mit konkreten Maßnahmen und einem hoffentlich auch starken Finanzierungsrahmen hinterlegt, damit wir dann hier wirklich an Geschwindigkeit gewinnen können.
 

Tobias Grimm:
Niklas, Fabian, vielen Dank für dieses sehr ausführliche Gespräch.

 

Den Link zum angesprochenen Monitor Digitalpolitik habe ich in der Podcast-Beschreibung hinterlegt, und zum Start des Jahres bekommt ihr direkt ein Update.
 

 

Ausblick


Zum Abschluss ein kurzer Blick auf die nächsten Wochen. Der Deutsche Bundestag startet am 12. Januar wieder in eine Sitzungswoche und in Brüssel läuft der Politikbetrieb ab dem 5. Januar wieder an. Außerdem übernimmt Zypern die EU-Ratspräsidentschaft. 
Und damit sind wir am Ende der letzten Folge dieses Jahres angekommen. Vielen Dank fürs Zuhören und fürs Dranbleiben. Wir hören uns dann am Freitag, den 9. Januar, wieder. Bis dahin frohe Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr.