Corona ist ein Stresstest für Städte und Gemeinden - und kann gleichzeitig zum nachhaltigen Beschleuniger der Digitalisierung in Deutschland werden. Die Pandemie belegt eindrücklich, wie Kommunen durch eine möglichst weitreichende Digitalisierung in ihrer Aufgabenerbringung und Handlungsfähigkeit gestärkt werden. In intelligent vernetzten Städten und Regionen – Smart Cities und Smart Regions – tragen digitale Technologien in vielfältiger Weise zu Problemlösungen bei, erhöhen Teilhabe und Lebensqualität für die Bürger, steigern die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit und führen zu mehr Nachhaltigkeit.
Wir begrüßen es sehr, dass sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag zur Digitalisierung als elementaren Baustein für regionale Wertschöpfung und gleichwertige Lebensverhältnisse bekennt. Doch während Metropolen voranschreiten, haben Kleinstädte und Regionen Startschwierigkeiten, wie sowohl der Smart City Index des Bitkom als auch die Kommunalstudie 2019 des Bundeswirtschaftsministeriums belegen. Aufgabe in der aktuellen Legislaturperiode muss es daher sein, die digitale Transformation schneller in die Fläche zu bringen und alle Kommunen zu erreichen. Eine solche digitale Daseinsvorsorge ist ein Gebot für zeitgemäße gleichwertige Lebensbedingungen.
Wir begrüßen ausdrücklich die Einführung einer Koordinierungs- und Transferstelle für den Wettbewerb »Smart Cities made in Germany/ Smart Cities Modellprojekte« und empfehlen eine Verstetigung der KTS über 2030 hinaus. Ebenso begrüßen wir, dass der Wettbewerb im Zuge der aktuellen Legislaturperiode ausgebaut und ländliche Regionen stärker Berücksichtigung finden sollen. Der Bitkom bietet seine Unterstützung im Sinne des Kompetenzaufbaus an, um mit Hilfe seiner Mitgliedsunternehmen eine dezidierte Technologieexpertise und unternehmerische Erfahrung mit großen Digitalisierungsvorhaben in das Netzwerk einzubringen, das bislang zumeist aus der Stadtentwicklung getrieben scheint.
Wir begrüßen die geplante Einführung des Smart City-Kompetenzzentrums. Seitens der Kommunen besteht ein hoher Bedarf an Informationen, Beratung und Vernetzung. Relevante Aufgaben des Kompetenzzentrums sollten sein: die Vernetzung relevanter Akteure, Identifizierung und Bekanntmachung nachhaltiger Lösungsansätze, Unterstützung bei der Modernisierung kommunaler Organisationsstrukturen sowie die Beratung zur vielfältigen Förderlandschaft. Der Aufbau des Kompetenzzentrums sollte in enger Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden und der Digitalwirtschaft erfolgen. Eine Kooperation mit den bestehenden Landeseinrichtungen zur Smart City-Förderung und eine klare Aufgabendefinition sind dringend erforderlich, um Doppelstrukturen zu vermeiden.
Derzeit mangelt es an der Anwendung und Gestaltung von Standards sowie an der Abstimmung sich überlappender Förderstrategien von Bund und Ländern. Die Kompetenzen zur Smart City-Förderung sind weiterhin über unterschiedliche Bundesministerien verteilt und ein technischer und strategischer Flickenteppich droht. Es braucht daher Konsens und Konsolidierung sowie den Schulterschluss von Bund, Ländern und Kommunen, kommunalen Eigenbetrieben sowie Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Elementare Aufgabe des Smart City-Kompetenzzentrums sollte daher die Koordinierung von gemeinsamen Standardisierungs- und Förderstrategien sowie Maßnahmenplänen sein.
Derzeit werden die Potenziale von Cloud-Anwendungen in Kommunen nicht ausreichend genutzt, u.a. da Bedenken bzgl. der Digitalen Souveränität bestehen. Dennoch werden Kommunen zukünftig verstärkt Lösungen nachfragen und beziehen, die auf Cloud- und Datenplattformen basieren. Daher empfehlen wir, dass die Standards für Kommunen und deren transsektorale Smart-City/Region-Datenplattformen explizit bei GAIA-X Berücksichtigung finden. Dadurch können Vertrauen, Sicherheit, Transparenz sowie die Einhaltung des europäischen Rechtsrahmens für Anwender gesichert und somit Digitalisierungsinitiativen gestärkt werden.
Smart Cities und Regions tragen eine wesentliche Verantwortung bei der Erreichung der deutschen Klimaziele. Die Betonung der CO2-Reduktion durch die Modernisierung und Digitalisierung des Städtebaus im Koalitionsvertrag ist daher zu begrüßen. Als Nächstes muss die Politik die hohe Komplexität der Klimaziele aufbrechen, indem sie (1) die Anwendungsbereiche, in denen digitale Technologien auf Basis von Green IT einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele schaffen, verdeutlicht, (2) das Thema Datenschutz für Klimaschutz und Klimadaten neu klassifiziert, und (3) den Fokus auf Kooperationen zwischen Kommunen, öffentlichen und privaten Unternehmen setzt. Gerade das Innovationspotenzial von Startups sollte besser genutzt und diese durch schlankere und digitalere Ausschreibungs- und Beschaffungsprozesse intensiver involviert werden.
Wir begrüßen die im Koalitionsvertrag genannte Flexibilisierung und Harmonisierung von Förderprogrammen angesichts ungeahnter finanzieller Herausforderungen vieler Kommunen aufgrund der Corona-Pandemie. Auch die Finanzierung der Digitalisierung von Kommunen muss langfristig gesichert sein, damit diese nicht an der Modernisierung defizitärer digitaler Infrastruktur scheitern. Daher fordern wir, statt lediglich einer Kompensation krisenbedingter Ausfälle von Gewerbesteuereinnahmen, einen Schuldenschnitt für überschuldete Kommunen. Die Bedingung dafür wäre, dass gewonnene Spielräume für die Digitalisierung der Kommune genutzt werden.